Priestertum des Dienstes“ – Was ist der Unterschied zwischen dem allgemeinen Priestertum und dem Priestertum des Dienstes?

Was ist das Spez­i­fis­che des Priester­tum des Dienstes?

Um das Wesen des Priesters – und dann davon abgeleit­et die ihm entsprechende Lebens­form – zu ver­ste­hen, bietet es sich an, einen Blick auf den Unter­schied zwis­chen dem gemein­samen Priester­tum aller Gläu­bi­gen und dem Priester­tum des Dien­stes zu werfen. 

Lumen Gen­tium:… unter­schei­den sich … dem Wesen und nicht bloß dem Grade nach …

Hier sagt die Dog­ma­tis­che Kon­sti­tu­tion über die Kirche „Lumen Gen­tium“ unter Num­mer 10: „Das gemein­same Priester­tum der Gläu­bi­gen aber und das Priester­tum des Dien­stes, das heißt das hier­ar­chis­che Priester­tum, unter­schei­den sich zwar dem Wesen und nicht bloß dem Grade nach.“ Doch was ist dieser wesentliche Unter­schied genau?
Hierüber lässt sich zunächst nur wenig find­en. Oft wer­den unter­schiedliche Auf­gaben etc. genan­nt, die nach der Priester­wei­he den Priester von einem Laien unter­schei­den. Oft geht es auch um eine Ver­hält­nis­bes­tim­mung zwis­chen dem gemein­samen Priester­tum und dem Priester­tum des Dien­stes, das diesem dient (wie dieses Dienen ausse­hen kann, dazu später). Eine solche Ver­hält­nis­bes­tim­mung nimmt beispiel­sweise Bischof Klaus Häm­mer­le im Kom­men­tar zum gle­ich noch näher erwäh­n­ten nach­syn­odalen Schreiben „ultimis tem­po­ribus“ vor: 

Das gemein­same Priester­tum der Kirche bedarf also eines beson­deren, von Chris­tus her sie erbauen­den Dien­stes, der die Ein­heit von mis­sio und com­mu­nio durchträgt und sich­er­stellt. Was die Kirche für die Welt, das sollen die Ver­wal­ter des priester­lichen Dien­stes für die Kirche sein. Sie hal­ten in der geschichtlichen Konkretheit sakra­men­tal ver­mit­tel­ter mis­sio und com­mu­nio die Verbindung der Chris­ten miteinan­der und mit Chris­tus wach. Sie tra­gen also Sorge für die „Iden­tität“ der Kirche als Leib Christi. Priester­lich­er Dienst in der Kirche stellt sich als beson­der­er Dienst der Ein­heit dar.“ 

Klaus Hem­mer­le: Ein­leitung. In: Deutsche Bischof­skon­ferenz (Hrsg.): Römis­che Bischof­ssyn­ode 1971. Der priester­liche Dienst. Gerechtigkeit in der Welt. (Arbeit­shil­fen Nr. 2 der DBK). Tri­er: Pauli­nus-Ver­lag, 1972. S. 22–23.

Ein­fach­er und bere­its in Rich­tung ein­er Wesens-Auf­gabe drückt es ultimis tem­po­ribus selb­st aus:

[Es ist] die unter­schei­dende Auf­gabe des Priesters, in der Mitte der Kirche sowohl die Liebe Gottes in Chris­tus zu uns durch Wort und Sakra­ment zu repräsen­tieren, wie die Liebesge­mein­schaft der Men­schen mit Gott und unter sich zu fördern und aufzubauen.

Ultimis tem­po­ribus. Nr. 7.

Fast gar nicht find­et man jedoch Aus­führun­gen über das wirk­lich Wesentliche, also das, was ein Priester sozusagen vor sein­er Wei­he wesentlich „mit­brin­gen“ muss, um über­haupt von seinem Wesen her Priester sein und die oben beschriebe­nen Auf­gaben erfüllen zu können.

die volle Ver­füg­barkeit [… ist] das unter­schei­dende Merk­mal dieses Amtes“

ultimis tem­po­ribus. Nr. 20.

Eine sehr kurze Antwort auf diese Frage find­et sich in „ultimis tem­po­ribus“ (deutsch­er Titel: Der priester­liche Dienst), das Abschluss­doku­ment der 2. Ordentlichen Gen­er­alver­samm­lung der Bischof­ssyn­ode (am 30. Novem­ber 1971 veröf­fentlicht): „die volle Ver­füg­barkeit [… ist] das unter­schei­dende Merk­mal dieses Amtes“.[1]ultimis tem­po­ribus, 20. Ultimis tem­po­ribus sieht hier als logis­che Schlussfol­gerung dann auch die Form des ehelosen Lebens.[2]Vgl. ultimis tem­po­ribus, 20.
Das Wesen des Priesters ist somit wesentlich bes­timmt von der vollen Ver­füg­barkeit, von der Ganzhingabe an die Kirche, der Gle­ich­för­migkeit mit, und der Indi­en­st­nahme von Chris­tus.
Bischof Klaus Hem­mer­le kom­men­tiert ultimis tem­po­ribus dementsprechend weiter:

Im Vorder­grund ste­ht die Gemein­schaft des Priesters mit der Hingabe des Her­rn: Verzicht auf eigenes Mögen und Kön­nen und öster­liche Freude sind in ihr miteinan­der ver­bun­den. Wer einen das ganze Leben in Anspruch nehmenden Dienst zu verse­hen, wer die Hingabe Jesu, seine Sendung und in ihr seine dop­pelte com­mu­nio des Daseins auf Gott allein hin und für alle Men­schen zu verge­gen­wär­ti­gen hat; wer Zeichen dafür sein soll, daß Gottes in Jesus endgültig gegebenes Ja zur Men­schheit schon jet­zt men­schlich­es Leben ganz und gar zu tra­gen und zu erfüllen ver­mag; wer für die uni­ver­sale Sendung der Kirche sich ganz zur Ver­fü­gung zu stellen gewil­lt ist und somit sich nicht in konkreten Zie­len und Funk­tio­nen allein schließt; wer Zeichen der ganzen Antwort sein will, welche die Kirche in der Nach­folge Christi seinem Ange­bot gibt: dem ste­ht in beson­der­er Weise ein Leben an, das solche Beru­fung und solchen Anspruch zeichen­haft zum Aus­druck bringt. Ger­ade die genan­nten Dimen­sio­nen priester­lichen Dien­stes aber weisen mehr auf die Zeichen­haftigkeit des ehelosen Lebens als auf jene der christlichen Ehe hin.“

Klaus Hem­mer­le: Ein­leitung. In: Deutsche Bischof­skon­ferenz (Hrsg.): Römis­che Bischof­ssyn­ode 1971. Der priester­liche Dienst. Gerechtigkeit in der Welt. (Arbeit­shil­fen Nr. 2 der DBK). Tri­er: Pauli­nus-Ver­lag, 1972. S. 25–26.


Im Abschluss­doku­ment „ultimis tem­po­ribus“ der Bischof­ssysnode wird also die im Prinzip logis­che Verknüp­fung vom Wesen des Priester­tums, die Verge­gen­wär­ti­gung Christi und sein­er Liebe/Ganzhingabe, mit der ehelosen Lebens­form deut­lich.
Bischof Ste­fan Oster und andere machen das Wesen des Priester­tums, die Hingabe, anhand des Ver­hält­niss­es von Braut und Bräutigam deut­lich. Dazu fol­gend mehr.

Fußnoten

1 ultimis tem­po­ribus, 20.
2 Vgl. ultimis tem­po­ribus, 20.