Am Beginn muss zunächst geklärt werden, was der Begriff des Zölibates genau beinhaltet.
Einen ersten Hinweis kann der Begriff selbst geben. Nach verbreiteter Auffassung stammt der Zölibat (lat.: caelibatus, oder auch coelibatus) vom lateinischen Adjektiv „caelebs/coelebs“, was etwa „unvermählt“, „ehelos“ oder „allein lebend“ bedeutet.[1]Dr. Alois Walde: Lateinisches etymologisches Wörterbuch. 2. umg. Auflage. Heidelberg: Carl Winter, 1910. S. 106 https://archive.org/details/Lateinisches-etymologisches-woerterbuch ; auch Friedrich … Continue reading
Eine andere etymologische Herleitung gibt unter anderem Jerôme Lejeune – bezugnehmend auf Julius Valerianus[2]Im Originalbeitrag ist keine genaue Quelle angegeben. Wer diese kennt, schreibe mir bitte gerne! –, der auf die Nähe zum Himmel (lat.: caelum / coelum) verweist und „coelibatus“ mit „coeli beatus“ (des himmlisch Beglückten) in Verbindung bringt.
„Zölibat“ hat somit etwas mit Ehelosigkeit und dem Himmel zu tun.
Diese beiden Anhaltspunkte kommen nun bei den zwei verschiedenen Facetten des Zölibates zum Tragen:[3]Vgl. Johannes Bours: Die Ehelosigkeit um des Reiches Gottes willen. In: Johannes Bours und Franz Kamphaus: Leidenschaft für Gott. Ehelosigkeit – Armut – Gehorsam. Freiburg i. Br., Basel und Wien: … Continue reading
- Auf der einen Seite geht es beim Zölibat um die Vergegenwärtigung Christi und dessen vollkommene, liebende Hingabe an die Kirche, seiner „Ehe“ mit der Kirche.
- Auf der anderen Seite ist der Zölibat die mystische Vorwegnahme des himmlischen Vollkommenheitszustandes, wo nicht mehr geheiratet wird (vgl. Mt 22,30 / Mk 12,25), wo man unterschiedslos vollkommen geliebt wird und man eins mit Gott ist. Es geht also – als eschatologisches Zeichen – um das Leben der vollkommenen Erfülltheit von Gott her (auch als Verweis auf dieselbe).
Während die zweite Dimension, die Vorwegnahme des jenseitigen Vollkommenheitszutandes (die völlige Erfülltheit von der Liebe Gottes, welche auf Erden nur abbildhaft bspw. in Beziehungen verwirklicht werden kann), sich vor allem auch in der ehelosen Lebensform des geweihten Lebens ausdrückt– also Mönche, Nonnen, geweihte Jungfrauen und andere –, wird die Vergegenwärtigung Christi und dessen vollkommene, liebende Hingabe an die Kirche vor allem in der ehelosen Lebensform der Priester und Bischöfe realisiert. Dies soll natürlich nicht ausschließen, dass der Zölibat des Priesters eben auch die eschatologische Dimension beinhaltet!
Fußnoten
↑1 | Dr. Alois Walde: Lateinisches etymologisches Wörterbuch. 2. umg. Auflage. Heidelberg: Carl Winter, 1910. S. 106 https://archive.org/details/Lateinisches-etymologisches-woerterbuch ; auch Friedrich Kluge, bearbeitet von Elmar Seebold: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. 24., durchgesehene und erweiterte Auflage. Walter de Gruyter, Berlin/New York 2001, ISBN 978–3‑11–017473‑1, DNB 965096742, Stichwort: „Zölibat“, Seite 1015. |
↑2 | Im Originalbeitrag ist keine genaue Quelle angegeben. Wer diese kennt, schreibe mir bitte gerne! |
↑3 | Vgl. Johannes Bours: Die Ehelosigkeit um des Reiches Gottes willen. In: Johannes Bours und Franz Kamphaus: Leidenschaft für Gott. Ehelosigkeit – Armut – Gehorsam. Freiburg i. Br., Basel und Wien: Herder, 1981. S. 29–30. |